[Abgeschlossen] Biodiversität tropischer Lebensräume in Ecuador

Im Frühjahr 2004 begann ein neues Projekt zur Untersuchung der Vogelwelt in den pazifischen Tieflandregenwäldern der Provinz Esmeraldas in Nordwestecuador, einem der vielfältigsten Waldökosysteme der Welt. Mit mindestens 67 endemischen, nur dort vorkommenden Vogelarten weist es weltweit höchste kontinentale Konzentration von Arten mit begrenztem Verbreitungsgebiet auf. Die wenigen noch existierenden zusammenhängenden Waldgebiete sind in hohem Maße insbesondere durch Straßenbauprojekte gefährdet, so dass dringender Handlungsbedarf bei der Umsetzung von Naturschutz- und Entwicklungshilfeprojekten bestand und besteht. Das Vorhaben wurde von Dipl.-Biol. Olaf Jahn, einem in der avifaunistischen Freilandarbeit und Naturschutzprojekten in Ecuador erfahrenen Wissenschaftler, durchgeführt und beinhaltete mehrere Untersuchungsziele.

Juveniler Braunohr-Zwergspecht (Picumnus sclateri; © J. Ferdinand)

Juveniler Braunohr-Zwergspecht (Picumnus sclateri; © J. Ferdinand)

1) Eine von Herrn Jahn entwickelte Schnellerfassungsmethode (MTW-Transektkartierung) bietet erhebliche zeitliche und finanzielle Vorteile bei der Kartierung tropischer Vogelgemeinschaften in schlecht bis gar nicht zugänglichen Habitaten wie Regenwäldern. Anders als bei der bekannten und traditionellen Netzfangmethode, die überwiegend Vögel der unteren Vegetationsschichten erfaßt, erfolgen Nachweise mit der MTW-Methode zeitlich flexibel entsprechend der gesanglichen Aktivität von Vogelarten. Durch entsprechende Anpassungen eines standardisierten Beobachtungsprotokolls an die regionalen Gegebenheiten ist jetzt auch die Erfassung kronendachbewohnender Vogelarten und Greifvögel, die bisher als kartierungskritisch galten, mit hoher Zuverlässigkeit möglich. So kann eine vollständige Kartierung aller Arten entlang eines 1200 m langen Transektes innerhalb von nur sechs Tagen durchgeführt werden. Im Rahmen des Projektes wurde ein englischsprachiges Handbuch erstellt, das eine rasche Anwendung der MTW-Methode bei weiteren nationalen und internationalen Naturschutzprojekten ermöglicht.

2) Struktur, Ökologie und Siedlungsdichte von Vogelgemeinschaften im Untersuchungsgebiet waren unzureichend dokumentiert und wurden zusammen mit dem Gefährdungsstatus von Arten analysiert. Hierbei wurden beispielsweise Korrelationen zwischen Körpergröße (-masse), Reviergröße und Gefährdungsstatus bestimmter Arten ermittelt und Siedlungsdichten einzelner Arten anhand der MTW-Methode geschätzt. Daten zur Habitatselektion wurden mit multivariaten statistischen Methoden ausgewertet und trugen dazu bei, die Gefährdungssituation tropischer Vögel in Abhängigkeit von den artspezifischen Lebensraumfaktoren besser einschätzen zu können.
Ein besonderes Augenmerk galt dabei der Erforschung der Biologie und des Status’ gefährdeter Arten wie Ortonguan (Penelope ortoni), Tuberkelhokko (Crax rubra), Esmeraldas-Ralle (Aramides wolfi), Bechsteinara (Ara ambigua), Goldkopfpapagei (Pionopsitta pyrilia), Bindengrundkuckuck (Neomorphus radiolosus) und Rotbrustpitpit (Dacnis berlepschi). Die dabei gewonnenen Daten sollen in internationalen ornithologischen Fachzeitschriften publiziert werden sollen.

3) Die Mehrzahl tropischer Vogelarten wird in ihrem natürlichen Lebensraum viel eher gehört als beobachtet. Dieser Umstand erschwert ihre Erfassung im Rahmen von Feldstudien und Schutzprojekten erheblich, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass mehrere hundert Vogelarten auf nur einem Quadratkilometer im Untersuchungsgebiet vorkommen können. Aus diesem Grund wurde eine professionelle Audioveröffentlichung mit allen bekannten (über 2000) Vogelstimmen der Region vorbereitet, die für zukünftige ornithologische Studien von herausragender Bedeutung sein wird.